Recht auf kostenfreie Schuldnerberatung nötig
Die Aktionswoche Schuldnerberatung vom 30. Mai bis 3. Juni nimmt die schnell steigende finanzielle Belastung für Verschuldete in den Blick
Paderborn, 27.05.2022 (cpd) – Ein Recht auf Schuldnerberatung für alle fordert die Caritas. „Angesichts der schnell steigenden Preise ist es manchmal nur ein kleiner Schritt von der Verschuldung in die Überschuldung“, sagt Christoph Eikenbusch, Leiter der Abteilung „Armut“ beim Diözesan-Caritasverband Paderborn. Anlässlich der Aktionswoche der Schuldnerberatung, die vom 30. Mai bis 3. Juni unter dem Motto „… und plötzlich überschuldet“ stattfindet, weist er auch auf den nötigen Ausbau der Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen hin.
Gerade in der Phase der Pandemie hätten viele Menschen erlebt, wie schnell die eigene Finanzlage aus dem Gleichgewicht gebracht werden kann. „Eine Krankheit, eine Phase der Kurzarbeit oder eine heftige Nachzahlung beim Stromversorger kann da schon reichen“, erklärt Birgit Pachur, Referentin für Schuldner- und Insolvenzberatung beim Diözesan-Caritasverband. Schnell gerate man dann in die Überschuldung. „Damit ist man gefangen in einem Teufelskreis aus Forderungen, die nicht beglichen werden können.“ Das sorge zudem für ein Gefühl der Stigmatisierung. „Viele fühlen sich dann durch ihre Situation persönlich verletzt, obwohl Überschuldung nur sehr bedingt mit übermäßigem Konsum oder wirtschaftlichem Fehlverhalten zu tun hat“, sagt Pachur. „Vielmehr sind Krankheit, Arbeitslosigkeit und persönliche Krisen die häufigsten Auslöser.
Bessere Chancen, aus der Überschuldung zu kommen, hat, wer sich beraten lässt, betont Birgit Pachur. „Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen können Wege aufzeigen, wie die eigene finanzielle Situation stabilisiert und verbessert werden kann und wie dann auch die materielle Existenz gesichert werden kann.“ Im Erzbistum Paderborn gibt es 22 Beratungsstellen in katholischer Trägerschaft, die Sozialberatung für Ver- und Überschuldete anbieten. „Bei der Mehrzahl gibt es wegen der starken Nachfrage zwar eine Warteliste, ein erstes Gespräch zur Sondierung der akuten Notlage ist aber zumeist innerhalb weniger Tage möglich“, sagt Christoph Eikenbusch. „Der Kontakt zur Beratungsstelle lohnt sich deshalb auf jeden Fall.“
Ein Problem sei allerdings, dass nicht alle Menschen ein Recht auf eine kostenfreie Beratung haben – Solo-Selbständige, Menschen im Ruhestand und Studierende etwa seien davon ausgeschlossen, ebenso oftmals Menschen, deren verfügbares Einkommen knapp oberhalb der Pfändungsfreigrenzen oder Hartz-IV-Leistungen liegen. „Dass man einer Vielzahl von Menschen qualifizierte Beratung vorenthält, leuchtet überhaupt nicht ein“, kritisiert Christoph Eikenbusch. „Wir wissen doch, wie wichtig eine gute Beratung für die Überwindung der Überschuldung ist, und dass es den meisten Überschuldeten nicht allein gelingt, dem Schuldturm zu entrinnen.“ Er fordert deshalb „ein Recht auf eine kostenfreie Beratung für alle und einen konsequenten Ausbau der Beratungsstellen, mit einer stabilen Finanzierung.“
Im Rahmen der Aktionswoche der Schuldnerberatung veranstaltet der Diözesan-Caritasverband Paderborn gemeinsam mit dem Katholischen Sozialdienst in Hamm am 20. Juni einen Praxisworkshop unter dem Titel „Steigende Energiekosten … und plötzlich überschuldet“, bei dem sich Berater von Schuldnerberatungsstellen und aus der Allgemeinen Sozialberatung über aktuelle Probleme und Maßnahmen austauschen.
Info Schuldnerberatung
Insgesamt 22 Schuldnerberatungsstellen im Erzbistum Paderborn befinden sich in katholischer Trägerschaft, entweder bei örtlichen Caritasverbänden oder Fachverbänden der Caritas wie dem Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) oder Männer (SKM) oder dem Katholischen Sozialdienst (KSD). 15 Beratungsstellen leisten auch Verbraucherinsolvenzberatung. Die Beratungsstellen befinden sich in Bielefeld, Brilon, Büren, Detmold, Dortmund, Hagen, Hamm, Herford, Herne, Iserlohn, Minden, Olpe, Paderborn, Rheda-Wiedenbrück, Siegen, Soest und Werl.
Mehr Infos: www.caritas-paderborn.de/beraten-helfen/armut-schulden/schuldnerberatung
Hintergrund
Veranstaltet wird die Aktionswoche von der Arbeitsgemeinschaft der Schuldnerberatungsstellen der Verbände (AG SBV). Diese vertritt etwa 1.400 gemeinnützige Schuldnerberatungsstellen in Deutschland, in Trägerschaft der Verbraucher- und Wohlfahrtsverbände oder der Kommunen bzw. als Mitglied in einem der Verbände (Deutscher Caritasverband, Diakonie Deutschland, Arbeiterwohlfahrt Bundesverband, Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband, Deutsches Rotes Kreuz, Verbraucherzentralen). Im Gegensatz zu gewerblichen Anbietern ist die gemeinnützige soziale Schuldnerberatung für die überschuldeten Menschen kostenfrei. www.agsbv.de